Eigentlich hätte Stefan Lühle gerne Musikwissenschaft studiert. Er spielte selber klassische Gitarre, liebte die Oper und vor allem Wagner.
Gearbeitet hatte er dann als Rechtsanwalt für Bau- und Vergaberecht. Seine Doktorarbeit schrieb er über das bundesdeutsche Umweltrecht.
Insbesondere die „großen Fälle“ gefielen ihm. Es machte ihm Freude, sich in komplizierte Sachverhalte hineinzudenken.
Als junger Mann war er so etwas wie ein „Grufti“ gewesen: ewig pessimistisch und ständig in schwarz gekleidet. Allerdings passte sein Teint schon damals nicht dazu, denn seine Haut war zu dunkel, zu sonnengebräunt. Gereist ist er immer gerne. Das eine Jahr, was er als 15 jähriger in den USA verbrachte, hatte ihn geprägt. Im gefiel die amerikanische Lockerheit und er hasste den deutschen Winter.
Als ein Gehirntumor bei ihm diagnostiziert wurde, machte er das, was er immer schon gern gemacht hatte: er reiste. Selbst, als es eigentlich schon nicht mehr ging, wurde er, der große und schwere Mann, von seiner Frau und vielen Freunden in ferne Länder begleitet. Das hatte ihn gewundert: dass man sich um ihn kümmerte, dass er so viele Freunde hatte.
Das denkwerk für Stefan Lühle nimmt Bezug auf seine Liebe zur Musik und gibt den vielen Menschen, die sich um ihn gesorgt haben, Raum und Ausdruck. Es ist ein Bodenrelief, das aus vielen, einzelnen Steinen besteht.
Die Steine wurden von den Freunden gesammelt und nach Berlin gebracht. Im goldenen Schnitt, also auf der Höhe, wo sich der Bauchnabel von Stefan befindet, darunter im Sarg, ist ein runder Stein mit einem Loch, welches in einen vergoldeten Bassschlüssel übergeht.
Spiralförmig und den Schwung des Bassschlüssels aufnehmend, zieht sich sein Name zur oberen, rechten Ecke hin, wo ein gänzlich goldener Stein die Ziegelsteineinfassung durchbricht.
Das Regenwasser läuft über das Bodenrelief und den Bassschlüssel in die Erde und wird Stefans Körper verwandeln helfen.
Die Erinnerungen an ihn und sein Geist, nehmen den umgekehrten Weg…
Idee und Ausführung: denkwerk in Zusammenarbeit mit der Lebensgefährtin; Aufgestellt am Mai 2008 auf dem alten Domfriedhof der katholischen Gemeinde an der Liesenstraße in Berlin/ Mitte; Material: Sandstein, kleine Findlinge, handgestrichene Ziegelsteine und Blattgold